…und werde älter
Ich werde Häuser bauen aus Lehm
kreisrund
ich werde
Flieder schneiden vor den Mauern
ich werde
Ringelblumen in die Erde pflanzen
auf dass sie blühe
ich werde Hofherr sein
meine Last
mit dem Wandel
wenden
durch das Bruch
und mich selbst durch Trost befreien…
(angelehnt an Rose Ausländers Gedicht „Träume eines Jünglings“)
Nun bin ich 40. In der vermutlichen Hälfte meines Lebens angekommen.
Gefühlt ändert sich mit dem Abreißen eines weiteren Kalendarblatts wenig. Denn das Alter, nicht mehr auf dem Spielplatz toben zu dürfen, habe ich laut „es-ge-be-acht“ mit vierzehn längst überschritten. Größere Einschränkungen sind nicht mehr zu erwarten. Ich bin sehr dankbar all jenen gegenüber, die mich gesehen und begleiten. Und ich rate zur Auseinandersetzung mit dem Begriff „Dankbarkeit“. Ich will hier nämlich im Rahmen eines historisch so wichtigen Momentes nicht ins Floskeln geraten…
40 Jahre im Einundzwandzigsten
Im Nest von Löweneltern aufgewachsen, die alles besser machen wollten , die Brut vor allem Übel bewahrend. Utopische Lösungen schaffen. Ein Bauernhof im Knüll als Kommune und freie Experimentierfläche. Schutzbarriere und Mauer vor (kaltem) Krieg, Patriarchat und Ignoranz. Konsumverzicht und Syndikat als Lösungsansätze transportierend – den Mensch im Zentrum sehend. Autarkie und ein bisschen Revolution!
Doch Kindergeschrei brachte das Bedürfnis nach Rettungsringen. Sicherheiten mussten her. Und Freiheiten begannen zu bröckeln!?
Eine bessere Umwelt; einen Flicken für das Ozonloch; Antworten auf das Waldsterben; Schutz vor saurem Regen und Abholzung des Amazonas, während wir Rettet die Wale schrien…
Heute schau ich in die Röhre meiner Waschmaschine aus Südostasien, die geschmiert und gelagert in sich selbst ruht und läuft. Da vergisst man den Schleudergang. Und globale Probleme…
Aufgewachsen im Anthrozopän
Polkappen schmelzen, Weltmeere sind nahezu leer gefischt, globales Artensterben – das Ozonloch ist kein Loch mehr – Mikroplastik förmlich in aller Munde und radioaktive Isotope sind neben Glyphosat und weiteren Pestiziden und Mikroplastiken uns alltäglich Begleitende. Unsere Ausscheidungen, unser Kot und unsere Pisse sind vergiftet – Ein fließender Übergang.
Der Mensch ist Massenvernichtungswaffe seiner eigenen Umwelt geworden. Ein Virus, dass den Wirt tötet, und nur zum Profit giert…
Doch ist das alles so negativ!?
Einbahnstraße Kapitalismus
Es gibt viele Verschwörungserzählungen, die hanebüchene Wahrheiten aus den surrealsten Surrealen unserer Ratio wie Sandburgen vor sich auftürmen und Gesellschaften wie Orkanböen im Agrarforst auspeitschen. Doch eine davon scheint zu stimmen: „Geld essen Seele auf“.
Das habe ich in meinen 40 Jahren gelernt! Denn wo das Geld sich türmt, sind Verbrauchende vorgelagert. Und Verbrauch verbraucht!
Geld schafft Ungleichheiten. Sozial. Kulturell. Zwischenmenschlich!
Soziale Ungerechtigkeiten nehmen zu und verhindern Teilhabe. An Allem!
Zirkus is nich!
Geld ist ein Suchtfaktor, der Menschen blendet und tötet!
Geld bringt die Macht alles zu kontrollieren. Wahlen und gesellschaftlichen Wandel zu diktieren. Geld schafft Sklaverei und Niedriglohnsektoren – aber alles in allem all die Ungerechtigkeiten unserer Welt: Ausbeute, Diskriminierung, Hass und Angst und Unterdrückung. Bezogen auf Social Media wäre Geld der Mega Ultra Influencer 3000! Und jetzt versteht ihr hoffentlich auch warum Influencende Abschaum sind. 😉
All that glitters is gold
Häuptling Seattle der Suquamish sagte vermutlich mal, dass wir irgendwann feststellen würden, dass sich Geld nicht essen ließe. Ich denke er hat sehr Recht gehabt, falls er das so gesagt haben sollte. Wohlstand und Glück werden oft mit güldenem Glanz umworben und verwechselt. Sie gelten als erstrebenswert und zeigen sich in unseren digitalen Sehnsuchtsorten – den Social Media:
Dicke Autos, dicke Taschen, dicke Ressorts in Dubai, Steak mit Blattgold umhüllt… Dazu dann Trash-TV Entertainment und Milieuschädigung als Voyeurismus.
Es bleibt die Leere in den Augen jener, die einsam an der Spitze stehen…
Von Leistungsdruck und Einsamkeit drangsaliert und von Sinnleere geplagt. Eine hoch-budgetierte Marketing-Kampagne verkauft das Leiden…
Das letzte Hemd hat keine Taschen
Im Hinblick darauf, dass ich – sollte ich nicht vollkommen unerwartet von einem Baum erschlagen werden (wir brauchen in Anbetracht der Tatsache schwindender Baumzahlen eine neue Metapher) – ungefähr die Hälfte meines irdischen Lebens beschritten habe und ich das Glas nun endlich halbvoll vorfinde, vermag ich meinen inneren Kompass zu verstellen und das Ziel neu auszuloten! Es entsteht eine neue Gleichung: Gold/Geld equals Zeit/Glück. Also nicht Geld ist das goldene vom Ei sondern Zeit ist das Glück und die Möglichkeit, solches zu erschaffen! Meine Langeweile ist Humus und Nährboden für Glück und Erfüllung zu wachsen! Denn sie vergolden meine Seele. Diese jene welche eines Tages irgendwohin übergehen könnte. Das letzte Hemd hingegen hat keine Taschen. Genauso wenig wie mein Bitcoin Wallet…
Daher bleibt mir nur zu sagen:
Mehr Mut zu Zeit – der einzig wichtigen Währung unserer Gegenwart!
Feierlich
David Dwier