Beratung, Beurkundung und Amtssprache – dazwischen ein paar unwissende Laien mit unsinnigen Fragen…
Heute war unser Notartermin. Wir dachten wir hätten uns vielfältig und umfassend vorbereitet und informiert. Doch wie so oft kommt dann der Vorabend eines wichtigen Termins und man wünscht sich zeitig einschlafen zu können. Stattdessen umkreisen einen tausend Fragen und Eventualitäten und man findet keine Ruhe, bis einem kurz vor zwölf dann plötzlich die Klarheit abholt und alles erklärt! Dann beginnt man eine fremde Sprache zu sprechen, weiß plötzlich welche Klausel im Vertrag wie umgeschrieben werden müsste und was man sonst noch so durchformulieren könnte!
Der Gang zum Schafott
Natürlich vollkommen übertrieben – aber anhand der Tragweite der heutigen Entscheidung, der weiter bestehenden Unsicherheiten und der existentiellen Konsequenzen eher untertrieben – findet man sich vollkommen durchnächtigt, ausgehungert und dehydriert im Auto zum Notar wieder. Natürlich ist man frühzeitig losgestartet, und natürlich begegnen einem tausend Baustellen und Staus, und obwohl man die Zeit großzügig bemessen hat, plagt einem die stetige Angst des zu Spätkommens. So steht man sich dann 20 Minuten die Beine in den Bauch. Weil man wie immer zu früh ist. Kurz am Sekretariat geklopft und Schwups im Wartezimmer. Nicht ganz so schlimm wie beim Zahnarzt…
Vorgespräche
Wir haben noch kurz Zeit und treffen auf die Leiterin unserer Makleragentur. Diese händigt uns dann auch endlich den seit Wochen verlangten und heiß ersehnten Energieausweis aus. Und natürlich ist es der Falsche! Kein Energiebedarfsausweis wie für Gebäude vor 1977 gebaut erforderlich, sondern ein reiner Energieverbrauchsausweis, der anhand der letzten drei Verbrauchsabrechnungen erhoben wurde und so ziemlich nichtssagend ist. Obwohl es zu erwarten war, macht das ohnehin angespannte Herz jetzt Galopp. Wir verlieren uns kurz in einer hitzigen Diskussion über Sinn und Unsinn und werden dann umgehend ins „Behandlungszimmer“ gebeten!
Paragraphen
Die Notarin macht einen sehr sympathischen und kompetenten Eindruck. Sie verliest den Vertrag und lässt allerlei Anmerkungen und Nachfragen zu. Wir fühlen uns als Laien sehr gut verstanden und aufgehoben! Es werden diverse Paragraphen und Absätze im Detail besprochen und ihre Bedeutungen klar gestellt. Noch einmal werden von den Veräußerern sämtliche Mängel, Dienstbarkeiten und Lasten eidesstattlich negiert und die Notarin bohrt auch immer wieder mit Nachdruck nach. Einzig allein bildet der Energiesparausweis am Ende noch ein mittleres Streitthema. Verständlicherweise möchte die Notarin keinerlei Haftbarkeit in Bezug auf die EnEV übernehmen, da sie deren Umsetzung und konkrete Auflagen nicht kontrollieren könne. Da wurden uns dann ein wenig die Versäumnisse der Maklerin angelastet, warum wir uns denn nicht vorher informiert hätten. Das ist natürlich Bullshit und Projektion! Denn nicht wir haben unsere Pflichten nicht erfüllt, sondern die Maklerin!
Urkunden
Wir unterschreiben. Plötzlich weiß ich gar nicht mehr so recht wie meine eigene Unterschrift funktioniert. Flüchtige Gedanken von „das muss jetzt authentisch und darf nicht gefälscht aussehen“ bis hin zu „bin ich wirklich im Knüllwald geboren“ umranken meine Gedanken. Nach zwei Sekunden ist alles Vorbei. Das Herz senkt nach, wie ein Haus auf einem schlechten Fundament gebaut, und mir wird kurz schwindelig! Ein kurzer Wirbelsturm über Chancen und Gefahren. Dann stelle ich nüchtern fest: ich bin tierisch hungrig und hab ein Loch im Bauch!
Heimfahrende
Wir fahren nach Hause. Sind paralysiert und lösen uns so langsam aus der Schock-Starre. Haben wir wirklich alles bedacht, alles angemerkt und unseren Standpunkt genügend verteidigt!? Sind alle Paragraphen ausreichend geklärt worden? Scheiß drauf! Das Unerwartete, das Unvorhergesehene, das Unkalkulierbare – sind alles Punkte die uns anfixen! Wir haben Bock auf Risiko und Wagnis! Wir haben Bock auf Veränderung und Verbesserung! Es wird schon laufen, irgendwie…
Nur zwischen drei Wochen und drei Monaten warten zu müssen, bis die Auflassungsvormerkung ins Grundbuch eingetragen ist und wir einziehen können, das nervt uns an!
Friendly Reminder für alle Hauskäufer: Besteht auf den Energiepass, bevor ihr in die Verhandlungen geht! Das haben wir zwar so auch getan, haben uns aber immer wieder vertrösten lassen!