Alles was man angeht zieht einen Rattenschwanz hinter sich. Und die Kosten, die explodieren sowieso…
Schnell verliert man die Übersicht, was noch alles zu tun ist. Daher beginnt man mit den „kleineren“ Baustellen, um sich dann stückweise abzuarbeiten. Blöd nur, wenn diese vermeintlich überschaubaren Arbeiten eine Kettenreaktion auslösen und sich nicht so einfach beheben lassen! Da kann einen schonmal die Verzweiflung packen.
Die Elektrik
In unserem Überraschungsbeitrag haben wir ja bereits davon geschrieben, dass eine flackernde Birne Indiz für eine komplett überholungsbedürftige Elektrik war. Aus dem „mal eben schnell die Birne wechseln“ wurde dann in der Konsequenz, die komplette Neuverkabelung und Austausch sämtlicher Stromleitungen! Das war so natürlich nicht in unserem Budget und neben dem reinen Material, wie Stromkabel, Steckdosen, Unterputzdosen, Wechselschalter, Verteilerdosen, Sicherungskästen und Gips, kamen auch noch diverse Werkzeuge wie Leitungsprüfer, Kabelabisolierer, Bauscheinwerfer, Kabeltrommel, Flachmeißel, Gipskübel und Bohrmaschinenaufsatz zum Anrühren des Gipses dazu. Jetzt hangeln wir uns von Zimmer zu Zimmer, reißen die alten Leitungen soweit das möglich ist raus, und legen neue Leitungen auf dem Dachboden. Diese Leitungen werden dann wiederum mit Gips verspachtelt und münden in den Unterputzdosen. Wir haben Einiges über Strom gelernt, legen alle Leitungen zu den Steckdosen dreiadrig mit 1,5er Kabeldurchschnitt, die Zuleitung mit 2,5. Jeder Lichtschalter bekommt ein fünfadriges Kabel damit später auf dem Dachboden in den Verteilerdosen Wechselschalter angeschlossen werden können. So kann man das Deckenlicht von zwei Standorten unabhängig schalten. Nachdem wir die Wände aufgestemmt, alles verlegt und vergipst haben, kam dann der Profi für den Lehmputz vorbei und eröffnete uns, dass Gips der denkbar schlechteste Untergrund für Lehm sei, da sich die Materialien zwangsläufig mit den Jahren voneinander trennten. Abhilfe schafft hier zwar relativ unkompliziert ein Putzgrund, der kostet aber natürlich auch wieder extra. Beim nächsten Zimmer nehmen wir dann statt Gips also Kalkzementputz, haben dann aber wieder 90Kg Gipsmörtel übrig, da wir natürlich in weiser Vorraussicht bereits für das ganze Haus den Einkauf getätigt haben :-).
Tapeten ablösen
Aus mehreren Gründen haben wir uns dazu entschieden, die Decken und Wände mit Lehmputz zu verputzen und zukünftig auf Tapeten zu verzichten. Dazu müssen die alten aber erstmal abgelöst werden. Was am Anfang noch relativ schnell und einfach ging, löste auch nach kürzester Zeit wieder massive Frustration aus: Während auf Kalkzementputz die Ablösung von Tapeten relativ schnell und einfach von statten geht und diese sogar nicht einmal angefeuchtet werden müssen, sind alte Lehm-Schilf-Wände und Gipskartonplatten in Kombination mit Kunststofftapeten die reinste Qual! Hier kamen wieder spontane Investitionen in Form einer Sprühflasche und eines Tapetenigels auf uns zu. Also haben wir uns ein paar Youtube-Videos angeschaut und versucht, dass Ganze in die Tat umzusetzen. Tapetenlöser selbstgemacht mit Essig und Spülmittel taugt aber auch bei Kunststofftapete reichlich wenig, da der Igel so kleine Löcher verursacht und die Flüssigkeit einfach nicht ausreichend in das Material eindringen kann, um dieses anzufeuchten und zu lösen. Heißt also in mühseliger Fummelarbeit mit dem Spachtel zuerst die erste Schicht Plastik abzukratzen, dann wiederum alles mit der Sprühflasche einzusprühen, eine halbe Stunde zu warten um dann alles wieder mit dem Spachtel abzulösen. Gerade an den Decken ist das kraftraubende Sisyphosarbeit! Von unseren Eltern haben wir uns dann noch eine Tapetenablösemaschine ausgeliehen, die heißen Wasserdampf erzeugt. Aber auch dieser dringt nicht durch die Kunststoffschicht. Eines ist sicher: Es braucht sehr viel Wasser (5 Liter pro Wand), viel Geduld (das Wasser muss einwirken) und viel Kraft. Am Besten löst man Tapeten ab, wenn man ohnehin schlechte Laune hat. Denn hinterher ist diese sowieso beschissen! Was wir intuitiv richtig gemacht haben ist, dass wir die alten Teppiche erstmal belassen haben. Es löst sich so viel Kleister und Cellulose das im Handumdrehen alles eingesaut und verschmoddert ist. Rollt man den Teppich erst hinterher ein, spart man sich einen Arbeitsgang: Die Fussbodenreinigung!
Verputzen
Lehm ist ein Naturbaustoff und wird schon seit Jahrtausenden zum Bauen verwendet. Er bietet vielerlei Vorteile was das Raumklima, die Feuchtigkeitsregulierung, Schimmelvermeidung und die Bindung von Schadstoffen in der Raumluft angeht und lässt sich grundsätzlich auch sehr leicht verarbeiten. Nicht aber in diesen Mengen. Unser Lehmputzrechner hat ein Materialbedarf von 8 Tonnen ausgespuckt. Diese ohne Maschine durch die eigenen Hände an die Wand zu werfen und hinterher auch glatt zu ziehen, stellte sich schon nach den ersten zwei Tagen als unrealisierbar heraus! Daher haben wir uns entschieden, auf einen Profi mit Putzmaschine zurückzugreifen! Und das war eine sehr gute Entscheidung, die aber ebenfalls für einige Extra-Kosten gesorgt hat. Erstens natürlich die Arbeitszeit, Zweitens eine neuer Stromanschluss mit 25 Ampere für die Putzmaschine und Drittens eine neue Veredelungstechnik, statt Lehmfarbe mit Edelputz. Unser Budget wurde damit um 200% überschritten. Aber dafür werden wir ein gesundes und ästhetisch schönes Haus haben!
Weitere Abrissarbeiten
In einem Zimmer sind wir auf eine Styroporverkleidung der Decke gestoßen. An anderer Stelle fanden wir Gipskartonplatten mit Glaswolle. Dann eine Vertäfelung der alten Fachwerkbalken mit Mäusenestern in den Zwischenräumen. Eine alte Tür und ein Fenster kamen unter den Tapeten zum Vorschein. Und alles muss entfernt und entsorgt werden. Während Teppiche noch auf den Sperrmüll gehen, ist Bauschutt in der Entsorgung relativ kostenintensiv und aufwendig. Einen Container zu bestellen ist wiederum etwas überproportional. Also wird alles stückweise mit dem eigenen Hänger abtransportiert. Wieder ein zusätliche Investition: Ein eigener Anhänger! Der rechnet sich allerdings auf so einer Baustelle relativ schnell. Wir haben ihn bereits für den Umzug benutzt und eine zusätzliche Fahrt gespart, günstig bei Kleinanzeigen Möbel geschossen und werden zukünftig damit weitere Baustoff-Einkäufe tätigen und somit Lieferkosten sparen!
Die Essenz
Wir hoffen euch in unmittelbarer Zeit ein paar „Vorher/Nachher“ – Bilder präsentieren zu können! Wir merken langsam wie wichtig es ist, nicht auf einer Baustelle zu leben sondern anzufangen, sich wohnlich einzurichten, die Kartons auszupacken und ein Sofa und ein Bett aufzustellen! Und wir müssen Gebetsmühlenartig uns immer wieder vergegenwärtigen: „Stück für Stück“, „Peu a Peu“, „mühsam ernährt sich das Eichhörnchen“ und „Rom wurde nicht an einem Tag gebaut“. Aber glücklicherweise sind wir auf dem Land und die Entschleunigung und Entspannung fällt Dank der vielfältigen Naturerfahrungen nicht allzu schwer…Außerdem geht es nun endlich bald los mit den Putzarbeiten!
1 Comment
Gipsmörtel sofort verkaufen oder gegen etwas anderes eintauschen. Gutes Gelingen, freu mich aufs helfen, es ist auch jetzt schon so schön bei euch in Brandenburg.