Ich weiß nicht wie lange es her ist, dass ich weinen musste. Jetzt auf der Baustelle, ist die Zeit gekommen…
Bisher lief eigentlich alles ganz gut und wir waren guter Dinge; haben euphorisch von unseren Erfolgen und Fortschritten berichtet! Doch nun ist es Zeit, auch mal die Schattenseiten zu beleuchten! Denn momentan geht einfach alles schief und wir sind finanziell, körperlich und seelisch total erschöpft! Und es bleibt das Gefühl, den Überblick zu verlieren, nicht genug zu schaffen und bald kein Geld mehr zu haben! Dazu die Jahreszeit, die an der Substanz nagt und die erste Erkältung, die zur Mandelentzündung verschleppt wurde, weil man dann doch den Hammer nicht liegen lassen kann! Zeit, es sich bei 14°C vor dem Computer gemütlich zu machen und sich einmal richtig auszuheulen!
Unsicherheiten
Hausbesitzer wird man an einem Tag. Auf dem Papier. Aber da gehört doch eine ganze Menge mehr zu. Es ist in etwa so, wie die Anschaffung eines Neuwagens: Am Anfang traut man sich gar nicht damit auf die Straße und hat ständig das Gefühl, etwas falsch zu machen oder etwas zu übersehen. Das ist bei einem neuen Haus nicht anders! Überwiegt am Anfang die Euphorie, ist plötzlich die Angst da, etwas zu vergessen oder nicht beachtet zu haben und später unter den Konsequenzen leiden zu müssen. Funktionieren die Regenrinnen und wird das Wasser weit genug vom Fundament abgeleitet, damit dieses später nicht aufweicht!? Ist das Dach dicht genug und trägt der morsche Balken noch!? Ist die alte Gasleitung noch dicht und frieren die Rohre im Winter nicht ein!?
Vieles hält einen unter Dauerstrom und es fehlen schlichtweg Routine und Wissen, um diesen Herausforderungen mit Gelassenheit begegnen zu können. Da muss man sich immer wieder sagen: „Das Haus hat 87 Jahre gestanden, also wird es sicherlich nicht in den nächsten Tagen einstürzen!“. Einfacher gesagt als getan! Denn viele düstere Vorsehungen erwiesen sich als unbegründet, Unbeachtetes widerum führte zu manch böser Überraschung!
Die ersten Tränen
Angefangen hat alles an einem grauen Novembertag: Als ich von der Arbeit zurück nach Hause kam, wollte ich wie immer lüften, damit der Lehmputz besser trocknen kann. Und wie immer war es schon fast dunkel draußen, und wie immer, regnete es. Nicht optimal, um die Feuchtigkeit aus dem Haus zu treiben. Als ich den Baustrahler einschaltete, traf mich der Schlag! Da war etwas seltsam Pelziges an den Wänden… Ich dachte, ich sehe nicht recht! Die Ecken des frisch verputzten Wohnzimmers waren voller weißer Flecken. Dabei handelte es sich offensichtlich um Schimmel! Ich begab mich auf die Suche und kam bis ins angrenzende Schlafzimmer und überall waren Schimmelbildungen zu finden. Eine absolute Katastrophe! In mir brach alles zusammen und ich sah uns schon die nächsten Tage den gesamten, frischen Putz abtragen und bei Null anfangen. Für mich war Schimmel immer das Schlimmste, was einem im eigenen Haus passieren kann. Denkt man nur an Kosten und Aufwand der Sanierung und Beseitigung!
Nach einer kurzen Verschnaufpause folgte eine nüchterne Betrachtung: Ich rief unseren Putzer an und informierte mich im Internet über ein weiteres Vorgehen. Daraus folgte ein Schlachtplan und ich fuhr sofort in den Baumarkt, um Alkohol, einen Raum-Entfeuchter und ein Abflammgerät zu kaufen. Unser Nachbar lieh uns glücklicherweise noch eine Gasflasche und so habe ich den Schimmel sofort abgefackelt und die betroffenen Stellen mit Alkohol eingerieben. Der Entfeuchter und das Gasgebläse liefen die ganzen nächsten Tage und die Luftfeuchtigkeit konnte somit zügig auf ein gesundes Maß reduziert werden. Am Ende also alles gut, aber so einen Stress braucht echt kein Mensch!
Tränen #2: Sorgenkind Dachboden
Wir hatten den Plan, den zweigeteilten Dachboden zur einen Seite als Heu-Herberge und zu anderen als Ferienwohnung auszubauen. Zu diesem Zwecke war erstmals unser Zimmermann vor Ort, um sich ein Bild über die jetzige Situation zu machen und eine Kostenkalkulation anzufangen. Hier traf uns der nächste Schock, denn in unserer Naivität hatten wir einiges vergessen zu bedenken: Erstens muss eine Nutzungsänderung und eine Baugenehmigung eingeholt werden. Dann müssen Brandschutzvorschriften eingehalten und ein entsprechender Fluchtweg vorhanden sein. Insgesamt kostet eine Baugenehmigung um die 5000€ und braucht im Durchschnitt ein gutes halbes Jahr, um genehmigt zu werden. Statiker und Architekt müssen außerdem diverse Gutachten und Skizzen anfertigen. Da die Durchgangshöhe für den ersten Dachboden aber ohnehin zu niedrig ist, haben wir den Plan mit dem Heuhotel sofort verwerfen müssen. Der Ausbau des zweiten Teils als Ferienwohnung würde bedeuten, dass eine Brandschutzwand gemauert werden muss und wir damit Raum und Geld verlieren. Ganz zu Schweigen von der Entfernung des Well-Asbestes und einem neuen Lattengestell für die Untersparrendämmung. Geschätzte Kosten hier zwischen 20.000€ und 30.000€. Somit rückte unser Konzept der Selbstversorgung und Selbstverwirklichung mit dem Hof in weite Ferne. Und wäre damit noch nicht genug, stehen noch weitere 8.000€ für die notwendigen Reparaturen des Dachstuhls an, die nicht weiter aufgeschoben werden sollten. Die absolute Ernüchterung!
Dach, Warm und Trocken, unser Trost
Bislang haben wir uns über jeden Misserfolg hinweggetröstet, indem wir uns sagten, dass wir doch zumindest ein Dach über dem Kopf und es warm und trocken haben. Und mit etwas Geduld kommen sicherlich bald bessere Zeiten und dann schauen wir lachend auf all die Ärgernisse zurück! Als heute morgen unsere Gastherme ausfiel und den Geist aufgab, war auch dieser Trost erstmal wie weggespült! Wochenlang ließ der Wintereinbruch auf sich warten und die Temperaturen blieben weit über null, und kaum ist der erste Frost eingebrochen, steigt die Therme aus!
Diese hätte ohnehin im nächsten Jahr ausgetauscht werden sollen, aber nun muss man sich unter enormen Druck (weil arschkalt) darum kümmern, Förderanträge stellen, Informationen einholen, etc.
Solche Zwischenfälle nerven einfach am allermeisten, weil sie den Fokus und die Kraft nehmen: War man gerade dabei, endlich die Deckenarbeiten an der Ferienwohnung zu beenden, bricht die nächste Stake ab und alles geht von vorne los; hat man den Backofen provisorisch über eine Kraftstromleitung angeschlossen, zerspringt das Cerankochfeld. Alles mega-ärgerliche Zwischenfälle, da man sich gerade sortiert hat und eine Punkteliste abarbeitet, um dann festzustellen, dass jeder Punkt drei neue Punkte aufmacht!
Und nach drei Monaten sitzen wir immer noch in unserem acht Quadratmeter großem Schlafzimmer, das als einziger bewohnbarer Raum verfügbar ist, und streiten uns mit Mäusen um die Vorherrschaft in unserem Haus! Aber das Schlimmste kommt noch: Es ist bald Weihnachten!
Fazit: Es kann wirklich nur besser werden!