Im zweiten Frühling auf dem Lande ergibt es sich, dass wir uns mit dem Heimatbegriff auseinandersetzen müssen. Warum? Das weiß ich gar nicht so genau; vermutlich weil wir von so vielen Menschen nicht mehr gefragt werden, ob wir mittlerweile angekommen sind…
A starting place called home
Meine Schwester hat sich einen Putzroboter gekauft. Sie hat das Gerät aus dem Karton genommen und eingeschaltet. Dann fing es an, diese fremde Wohnung zu erkunden. Mit den eingebauten Sensoren schaltet es zuerst in den „Mapping-Mode“ und kartographiert die gesamte Bude. Hektisch und aufgeregt putzt und robbt es sich durch fremdes Terrain und zeichnet eine digitale Karte auf, um einen Grundriss zu erstellen. Dabei wirkt es unruhig und aufgedreht. Die Sensorik läuft auf Hochtouren – die vielen Sinneseindrücke zehren – der Akku verliert schnell an Kapazität. Die Ladestation an der Wand wird zum Lebensmittelpunkt – es ist der wichtigste Rückzugsort: Denn wann immer das Gerät in Schwierigkeiten kommt oder Kraft büßt, schleppt es sich mit den letzten Atemzügen zu dieser Station. Sie ist das Zentrum. Ein Zuhause? Der eigene Wunsch nach Zentrierung und Fixpunkt transporiert sich auf die eigenen Hausgeräte. Liebe fehlt…
Ankommen und Weiterreisen
Ich mag es in Systemen zu denken. Systeme können definiert werden. Deswegen mag ich die Vorstellung eines verlorenen Mars-Rovers, der klare Leitlinien und Prioritäten hat, wie er in ein unbekanntes Gebiet vorzustoßen hat: Dieser Selbsterhaltungstrieb dient dem Selbstschutz und gewährleistet die konstante Funktionalität. Alle weiteren Funktionen und Tendenzen ordnen sich diesem unter. Das Fortbestehen des Systems ist gesichert: Wir haben ein Zuhause – wir kommen an – wir verweilen – und wir schwärmen aus – reisen weiter – nachdem wir aufgetankt haben – am Start/Heimatknoten…
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Du bist fremd. In neuer Umgebung. Hast hier keine Wurzeln. Bist migriert. Damit bist du nicht allein. 32,33% der Menschen um dich herum und du sind migriert. Von Stuttgart nach Seelow. Von Kolberg nach Manschnow. Von Eritrea nach Neuhardenberg. Die Geschichte der Menschheit ist die Geschichte der Migration – Vertreibung – Völkerwanderung… Ob innerdeutsch, innerbundesländisch, europäisch oder global – Wir Menschen verändern uns und folgen unserer Hoffnung. Geht es uns schlecht und finden wir nicht die Bedingungen vor, um uns in Freiheit zu entfalten, brechen wir die Zelte ab und nehmen unser nötigstes Beihand. Dann machen wir uns auf, um eine neue Zukunft zu schreiben; wollen Fuß fassen und uns verwirklichen! Manchmal besetzen wir dabei Lücken – manchmal springen wir auf einen Zug auf. Doch wir alle wollen uns verwurzeln – um eine Heimat zu erzeugen und zu (er-)finden…
Das macht uns nicht mehr noch minder. Das macht uns gemeinsam Suchende… Wir sind Teil einer Bewegung.
root:Was ist Heimat
Vermutlich ist das Heimat. Ort, Zeit und Raum und alles miteinander!
Die Freiheit, diesen Raum gestalten und bestimmen zu können – Zu der Zeit, die einem genehm ist und genügt – Und ein fester Ort, so dass man den Raum und die Freiheit wiederfinden kann!
Und da ist er wieder: Der Startpunkt, den man Zuhause nennt – Von dem ausgeschwärmt, entdeckt, erlebt und verlebt wird – an den man sich zurückwindet, zurückkehrt, einkehrt und… – Zuhause ist!
Wurzeln und Herkünfte sind da vielleicht erstmal sekundär…
Hauptsache wir stehen zueinander. Hauptsache wir begegnen uns mit Liebe…
Weiterlesen: ZweitZeugen e.V.
2 Comments
Sehr gelungene und anregende Gedanken. Wäre was für die lokalen Blätter/Zeitungen! Freue mich auf den Frühling in eurer neuen Heimat! 🐝
Du schreibst so wunderschöne, interessante mitunter auch traurige Beiträge LG