Apropos Entschleunigen: Der Hopfen ist in voller Blüte – Zeit das erste Platkower Hofbräu zu brauen…
Nach erfolgloser Pilzsuche im Platkower Wald und von Kreuzspinnen vertrieben, haben wir uns aufs Rad geschwungen, um an der alten Oder nach Holunderbeeren Ausschau zu halten. Wenn schon keine Pilze, dann wenigstens Konfitüre! Bis wir auf wilden Hopfen stießen…
Erstkontakt
Bereits in Berlin bin ich durch den Mann meiner Cousine, Matthias, mit der Kunst des Bierbrauens in Berührung gekommen. Anfangs erschien mir die Sache zu komplex um den ersten Eigenversuch zu starten. Dann war es mir schlicht zu „hip“ und ich dachte, es handele sich um so ein typisches Männer-Spießer-Ding. Getreu dem Motto: Frauen kochen Marmelade, Männer brauen Bier, kam es mir zu archaisch vor. Mit dem Kauf der ersten Braubox aus dem Internet, wurde ich eines Besseren belehrt! Bierbrauen macht unheimlich viel Spaß und ist Mega-spannend! Vor allem wenn man sich einen Kompagnon wie Janosch sucht! Und es lassen sich wirklich sehr schnell beeindruckende Ergebnisse erzielen! Denn wie sagt man so schön als Bräu: „Bier wird’s immer!“…
Der Brauvorgang
Bevor man mit dem Brauen beginnen kann, muss man in Deutschland – wie sollte es anders sein – das geplante Brauvorhaben dem Zollamt melden! Man darf nämlich im Jahr bis zu 200 Liter Bier für den Eigenkonsum im Eigenheim herstellen, vorausgesetzt man zeigt es vorher formlos der Behörde an! Der Brauvorgang an sich dauert gut und gerne um die 6 Stunden und ist von unterschiedlichen Phasen der Ruhe und Hast geprägt. Dazwischen besteht also genug Zeit, sich mit einem Freund nett auszutauschen und über die Kunst der Sache zu sinnieren. Los geht es mit dem Einmaischen. Hier wird das Malz im 68°C warmen Wasser „eingeweicht“ und der Zucker wird aus dem Getreide „gewaschen“. Den Abschluss findet dieser Prozess im Läutern. Hier wird das Getreide abgesiebt und der Restzucker ausgespült. Dann geht es ans Hopfenkochen. Die „Würze“ wird zum Kochen gebracht und der Hopfen zugegeben. Anschließend muss das Ganze auf 25°C heruntergekühlt werden, damit die Hefe zugegeben werden kann (bei höheren Temperaturen würde diese absterben). Ist dies erfolgt, wird alles in einem Gärgefäß steril abgefüllt und reift nun innerhalb einer Woche zum Jungbier heran. Dieses Jungbier wird dann entweder in Flaschen oder Fässern abgefüllt und reift weitere 3-4 Wochen. Am Ende des langwierigen Prozesses steht eine sehr spannungsgeladene Verköstigung!
Ein Bier, vier Zutaten
Getreu dem Reinheitsgebot hat ein Bier vier Zutaten: Wasser, Malz, Hopfen und Hefe. Diese sind selbstverständlich auch für den späteren Geschmack ausschlaggebend! Faktoren wie die Temperaturen beim Maischen, der Zeitpunkt der Hopfengabe, und die anschließende Vergärung ( ober- oder untergärig bzw. über 12°C oder unter 12°C), spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle für den finalen Geschmack! Am Anfang war die Auseinandersetzung mit den Zutaten höchst anstrengend: Es gibt einfach zu viele Faktoren, die letztlich den Geschmack des fertigen Bieres beeinflussen können und nach jedem Experiment stehen mindestens fünf Wochen Wartezeit an! Erst dann weiß man, ob die eigenen Ideen und Gedanken sich als tauglich erweisen sollen! Die besonderen Reize bei unserem lokalen Bier waren zum Einen die Zutaten, da sich der Alphasäuregehalt und die Bitterkeit des lokalen Hopfens nur schwer voraussagen ließen, und zum anderen das relativ harte Brauwasser, mit einer Restalkalität von mehr als 20°dh (es wird „nerdig“, aber das ist wie mit dem Tee oder Kaffee: Hartes Wasser, weniger Aromaaufnahme…). Aber die Verwendung lokaler Zutaten als Unbekannte, macht sicherlich auch die Besonderheit des Platkower Hofbräus aus: Das Brauwasser aus dem eigenen Brunnen und der wilde Doldenhopfen der alten Oder! Zwei wichtige Komponenten, die dem eigenen Bier sicherlich eine besondere Note verleihen werden!
Wer darf es trinken
Konzession, Brauereigewerbe, etc. liegen nicht vor. Das Bier ist beim Zoll als Eigenbedarf angemeldet. Veräußert werden darf es vorerst nicht. Jedoch darf sich jeder Gast über eine Flasche als Geschenk freuen! Und definitiv haben wir in Zukunft vor, unsere Erzeugnisse mit der Welt zu teilen! Für diesen riesigen (bürokratischen) Schritt, suchen wir bereits nach Unterstützung! Letztlich ist alles eine Frage der Zeit. Ein gutes Bier braucht sieben Stunden Planung, sieben Wochen zum Reifen, und weitere sieben Minuten, um gezapft zu werden. Gut Ding braucht ebend Weile…