Ein Insektenhotel bietet eine schöne Beobachtungsmöglichkeit, sofern sich die Zeit genommen wird, das Objekt regelmäßig zu Beobachten. Ansonsten ist das Ganze Unterfangen und die Auseinandersetzung damit wohl eher vergeudete Liebesmüh‘. Künstlich hergestellte Nist- und Überwinterungsplätze für Insekten bieten nämlich einige Fallstricke und sind nicht per sesinnvoll. Das Problem beschreiben wir hier!
Die Branche boomt – Insektenhotels sprießen wie Pilze aus dem Boden! Viele zukünftige Hoteliers kaufen sich ein Renditeobjekt im Baumarkt. Manche benutzen es als Lernort, stilisieren sie als Archen bedrohter Arten! Oft ist es als Kompensation eines versiegelten Gartens zu sehen. Wenn das Spießertum die Wiese zum Rasen oder Schotterklunker umfunktioniert und allen Wildwuchs und Beikraut im Keim erstickt, Blüten und Fruchtfolgen zerstören, dann kann das Anlegen eines Quadratmetergroßen Hotels für die Sechsbeiner kurzfristig das Gewissen beruhigen. Es müssen aber grundsätzlich weitreichende Maßnahmen zum Schutz von Insekten umgesetzt werden! Dazu gehören umfangreiche Pestizidverbote! Und Mut zur Passivität: Totholz, Abgestorbene Pflanzen, Steine, all dies bietet viel mehr Platz für Sechsbeiner_Innen. Oder mal im Mai aufs Rasenmähen verzichten! Wer trotz alledem so ein Ding bauen will, der folge bitte dieser Anleitung! Denn wer will schon eine eigene Kampfarena im Garten, in der sich Fressfeinde und Gegenspieler bekriegen und aufressen, in der Truckervögel zum Schnellimbiss vorbeuschauen und sich den Bauch vollschlagen… So etwas gibt es nur im Wilden Westen der Natur. Wir wollen eine geordnete und moralisch vollkommen korrekte und instinktbefreite Natur! Spaß beiseite, aber Aufbau, Standort und Beschaffenheit der verwendeten Materialien können über Leben und Tod entscheiden… (Drama off)
Warum ein Insektenhotel bauen?
Ich fand die Vorstellung, verschiedenen Insektenarten ein Zuhause bieten zu können, zuerst sehr romantisch! Da ich tendiere mich selbst übersorglich zu beobachten, entspannt mich die Extrospektive. Ich bin also ein Naturbursche und lasse mich gerne von Mücken auffressen, während ich stundenlang gelangweilt am Teich verharre und auf Sensationen warte. Als Gärtner interessieren mich aber auch die Aspekte der biologischen Schädlingsbekämpfung! Wer strikt auf Pestizide verzichtet, wird bestimmt schon mal mit der ärgerlichen Situation eines geräuberten Beetes konfrontiert gewesen sein! Also warum nicht ein paar von den Guten ansiedeln, um gegen die Imperialen Streitkräfte aufzugebehren…
Die richtige Planung
Letztes Jahr habe ich im Schrebergarten ein Insektenhotel aus Sperrmüll gezimmert und alles reingehauen, was ich so finden konnte. Von Tannenzapfen, Holzscheiten, Schilfrohren und Stroh über alte Mauersteine bis hin zu verlassenen Schneckenhäusern. Dann passierte monatelang nichts! Einzig eine Kreuzspinne spann ihr Netz über die Pfade der Ameisenpatrouille. Tatendrang vs. KnowHow 0:1. Als ich in meiner Heimat zu Besuch war, besuchte ich das Lebendige Bienenmuseum und unterhielt mich mit Joachim Flügel über mein gescheitertes Investment. Als Biologe erforscht er seit Jahren Wechselwirkungen zwischen Pflanzen, Insekten, Schäd- und Nützlingen und gab mir ein paar essentielle Tipps. Der erste davon war, das Hotel Richtung Süden auszurichten. Und siehe da: Innerhalb von 15 Minuten zogen die ersten Wildbienen ein! Es braucht also etwas an Planung und KnowHow!
Joachim ist leider Ende 2019 verstorben. Ich bin sehr dankbar, dass ich Joachim kennenlernen durfte!
Wer soll einziehen
Der perfekte Gast stellt wenig Ansprüche an die Unterkunft, hat großen Appetit und hält sich an die vorgegebene Speisekarte! Auch ansonsten ist er friedvoll und stiftet keine weitere Unruhe im Garten! Hier gibt es unsere Speisekarte:
à la carte | Gast | Zimmer |
Weiße Fliege auf Kohl dazu Zweierlei aus Raupe und Motte an grünem Blattwerk | Schlupfwespe | Holzstücke mit Bohrungen |
Blatt-, Schmier- und Wolllaus-Triade auf regionaler Obstfrucht | Flor- und Schwebfliege | Wildblüten vor der Tür; Weizenstroh und Tonkasten im Wohnbereich |
Das Obrige gepaart mit frischem Gemüse | Marienkäfer und Ohrenkneifer | Weizenstroh und Tonkasten im Wohnbereich |
Spinnmilbe unter 42 Triebspitzen von Allem | Raubmilbe | Sauna mit Aufguss und Birkenquast; Filzbett im Schlafzimmer |
Dessert aus Blütenstaub und Süßnecktar | Wildbienen und Hummeln | Wildblüten vor der Tür; Holzstücke mit Bohrungen |
Ansonsten gibt es noch weitere Beherbergungen für speziellere Ansprüche wie das Hornissenhotel, die Hummelbox und die Marienkäferpension!
Aufbau und Materialien des Insektenhotels
Für die Materialien zuerst das Verbotene im weniger romantischen Sinne:
- Lochsteine (Lücken zu groß als Versteck, höchstens als Raumteiler)
- Tannen- oder Kieferzapfen (Würdest du dich darin verstecken?)
- OSB oder Schichtholz (scharfe Kanten verletzen die Flügel beim rein- und rauskriechen)
- Stirnseitig gebohrte Holzscheite oder Äste (Rissbildung, Wasserschaden, Schimmel, Kindstod)
Generell gilt es darauf zu achten, Bohrungen sehr genau und gleichmäßig zu vollführen und Materialien zu verwenden, die ein gutes Versteck, Feuchtigkeit- und Frostschutz bieten können.
Der richtige Standort
Ein Insektenhotel sollte an einem warmen, trockenen und windgeschützten Ort stehen. In unserem Fall half es besonders, dass Insektenhotel Richtung Süden auszurichten und freien Blick gen Osten zu haben. So wird der Standort bereits am Morgen von der Sonne beschienen und wärmt sich schnell auf. Wärme und Licht sind wie für uns Menschen auch für unsere sechsbeinigen Gäste absolute Wohlfühlgaranten! Wichtiger wird das umso mehr im Winter, denn das Insektenhotel muss draußen bleiben, damit die überwinternden Tiere und Larven nicht gestört werden! Der Bau an einen Baum oder zu einer Rückwand garantiert auch zur kältesten Jahreszeit etwas Schutz vor der Witterung.
Mamas Worte zum Abschluss
- Der ökologische Nutzen eines Insektenhotels ist umstritten! Einige wenige Arten, die keiner besonderen Förderung bedürfen, könnten gefördert werden
- Bei ungenauer Planung oder Pauschalreisen werden oftmals Gegenspieler und Fressfeinde gepusht
- Eine ausbleibende Pflege erzeugt einen Lebensraum für Milben und andere Schädlinge
- Der gedankenlose Einsatz fragwürdiger Materialien schädigt Tier und irgendwann auch Mensch
Quellen & Weiterführende Links
- Tolle Bauanleitung von wildbee.ch
- Hortipendium | Die „Wikipedia“ für’s Grüne
- Nabu Nisthilfen | Übersicht diverser Nisthilfen des Nabu e.V.