Unser Eigenheim wird zu einer Polizeistation! Wie kann das sein? Das erfahrt ihr hier!
Angefangen mit unserer Badsanierung hatten wir im Oktober letzten Jahres mit dem Entkernen und dem Abriss der alten Keramik. Im Januar schrieb ich im zweiten Teil der Badsanierung, dass ich mich nächste Woche – nach der Fertigstellung des Bades – erneut zu Wort melden würde. Jetzt ist es nahezu September. Wieder kam es zu einer geringfügigen Verzögerung. Zwischenzeitlich haben wir die kompletten Wasserleitungen neu gemacht, einen Eisenvorfilter hinter die Wasseruhr gehängt und alles wurde mit Edelstahlverbundrohr verpresst, das eigentlich nur in behördlichen Gebäuden wie Polizei-, Feuerwehr und Krankenstationen zum Einsatz kommt. Das Zeug ist damit irrsinig teuer. Aber bei größeren Fachbetrieben bleibt immer mal was von den diversen Großbaustellen übrig. Für unsere 50m Wasserleitung war das ausreichend.
Zuerst mussten also die alten Leitungen aus den Wänden gestemmt bzw. abgeklemmt werden. Außerdem haben wir den Boden aufgebrochen, um neue Abwasserleitungen zu verlegen. Das hat wie gesagt größtenteils die Firma meines Cousins übernommen. Aber wir haben wie immer den Handwerkern Löcher in den Bauch gefragt und unheimlich viel gelernt! Zum Beispiel wie man Rohrdurchmesser berechnet und warum bei Wasserleitungen eine Reihenfolge von edleren zu unedleren Metallen eingehalten werden muss, damit sich die Ionen nicht aus dem Trinkwasser lösen können und Korrosionen vermieden werden. Allerdings haben wir auch gelernt, dass die vorhergehende Firma beim Einbau der neuen Brennwerttherme gravierende Fehler gemacht hat (Kupfer ist wegen unseres Trinkwassers nicht als Leitung zugelassen und ein Heizkreislauf braucht einen magnetischen Eisenabscheider, damit die Umwälzpumpe nicht verschlammt). Und wir mussten beim Abnehmen der Rohrdämmung im Keller feststellen, dass unsere Zirkulationsleitung nur eine Attrappe war :-). Aber wir drücken mal ein Auge zu, schließlich haben wir auch schonmal gepfuscht :P.
Auf den folgenden Bildern seht ihr den Abriss der alten Armaturen, die Planung der neuen Zapfstellen und das Betonieren des neuen Versorgungsschachtes. Zuletzt den Trockenbau, um die Raumkrümmung auszugleichen und die problematischen Gipssteine abzudecken.
Die Innenausbau beginnt
Kaum waren die Leitungen abgedrückt (so nennt man das Testen der Dichtheit nach dem Verpressen der Rohre) und der Estrich getrocknet, begannen wir mit dem Innenausbau. Zuerst verklebten wir mit Ansetzgips Feuchtraumplatten auf die alte Gipswand und stellten das Vorwandelement für das Klo auf. Anschließend wurde die Schamwand mit Porenbeton gemauert und alles verspachtelt. Dann folgte in gewohnter Manier die Elefantenhaut auf den alten Fliesen und im Nassbereich der Dusche und Wanne. Dann wurde der Wannenträger mit Fliesenkleber aufgeklebt und erneut mit Elefantenhaut abgedichtet. Nun konnten der Boden und die Wände an kritischen Stellen gefliest werden.
Cortenstahl für die Duschwände
Wer unseren Baublog regelmäßig verfolgt, weiß, dass wir riesen Fans von Cortenstahl sind! Wir machten uns also von Anfang an Gedanken darüber, ob und wie es möglich sein würde, eine Duschverkleidung mit diesem Werkstoff zu realisieren! Die Kostenfrage schwingt bei uns ja auch stetig mit, da wir natürlich auf der einen Seite möglichst günstig sanieren wollen, zum anderen aber auch auf nachhaltige und ökologische Baustoffe viel Wert legen. Nachdem wir feststellen mussten, dass gerade im Nassraumbereich die höchsten Kostenposten abgerufen werden und wir die Preise von diversen Glas/Keramik/Kunststoff-Fertigbauelementen recherchierten, schien uns die Cortenstahl-Idee mit einem nahezug perfekten Preis-Leistungs-Verhältnis immer realistischer und sympathischer! 200€ für die Zuschnitte, selbstgemachter Schnellroster für Umme, 20€ für Rostversiegelung (Owatrol) und 30€ für den Installations-Kleber sprechen, nicht nur preislich, für sich! Unsere Expertise aus den vorhergehenden Erfahrungen haben wir erweitert: Wir verwendeten Küchenrolle als Feuchtigkeitspuffer und feuchte Gräser, um dem Cortenstahl beim Rosten zusätzlich Struktur zu verleihen! Da die beiden Duschelemte im rechten Winkel zueinander stehen sollten, überlegten wir kurz, diese an Ort und Stelle zu verschweißen. Hier zeigt sich allerdings ein Nachteil von Cortenstahl: Das Schweißen ist etwas komplizierter und erfordert spezielle Elektroden und Vorgehensweisen, zusätzlich auch eine Materialstärke von 3mm. Uns reichten allerdings 1,5mm, da wir auch noch die Aussparungen für die Zapfstellen, die Hebelgarnitur und die Regenbrause in das Material flexen und schneiden mussten. Also verschlossen wir die Lücke mit rotbraunem Sanitärsilikon, um eine Wasserdichtigkeit zu gewährleisten…
Geseifter Kalk
Unser Bad ist huggelig klein und hat kein Fenster nach außen. Als wir die alten Fliesen abbrachen und die Leimfarbe von den Wänden flexten, stellten wir fest, dass es offensichtlich feuchtigkeitsbedingte Schwarzschimmelschäden gab. „Moderne Baustoffe“ wie Glasfliesen, Dispersionsfarben und Leimfarben haben den Feuchtraum versiegelt und ihm die Möglichkeit zum Atmen genommen! Als Putz kam uns natürlich zuerst der gute alte Bekannte namens Lehm in den Sinn – wir haben aber auch innerhalb der letzen zwei Jahre gelernt, dass Lehm unter extermer Feuchtigkeitseinwirkung verweichlicht und seine Form verliert. Zudem hat er nicht die nötige Abwehrkraft gegenüber Schimmelpilzen, sofern er dauerhaft feucht bleibt. Daher entschieden wir uns im Nassraum für eine geeignetere Alternative – der Kalkglätte!
Kalkglätte besteht aus Sumpfkalk, Marmormehl und einem Weißzementzuschlag, lässt sich unkompliziert selbst herstellen oder für 1€ pro Kilogramm im Baustoffhandel beziehen. Für einen Quadratmeter Putzfläche werden ungefähr ein Kilogramm Kalkglätte benötigt – der größte Teil davon für die untere „Opferschicht“. Diese lässt man mindestens 72 Stunden lang trocknen und beschleift dann die stärksten Riefen und Macken. Anschließend folgt der eigentliche Kraftakt: Das Verpressen der Kalkglätte auf Kornstärke mit einer Venezianischen Glättekelle, auch Venezianertraufel genannt – eine Putzkelle mit abgerundeten Ecken, die es ermöglicht, auf dem Material kreisförmig hin und her zu reiben, damit sich die feuchten Partikel komprimieren und zu einer glatten Oberfläche verbinden. Ähnliches ist auch mit Lehm möglich und nennt sich „Tadelakt“, wurde vorwiegend in Marokko für Hamams verwendet und ist so zeitintensiv, dass wir uns als allzeit Verspätete dagegen entscheiden mussten…
Wir haben unsere Kalkglätte immer in fünf Kiloportionen angesumpft und verrührt, dabei einen Esslöffel Eisenoxid-Farbpigmente hinzugegeben, da wir ein leichtes Grau in unserer Marmorstruktur einem Eierschalengelb bevorzugten. Denn das Material vermischt sich mit dem Untergrund und zieht Fremdpigmente an bzw. reagierte sogar mit dem Kalkzementputz des Untergrundes, was wir bei der Opferschicht bereits beobachten konnten.
Während des Trocknungsvorgangs – maximal aber 12 Stunden danach – wird die Naturseife eingepresst. Hierbei handelt es sich um so genannte Korfu-, Olivenöl- oder Römerseife. Die Fettsäuren reagieren mit dem feuchten Kalk und bilden glänzende Oberflächen. Die Trockenbauplatten wurden speziell grundiert, da Gips sich mit so ziemlich keinem anderem, natürlichen Baustoff verträgt…
Das Ergebnis war für uns mehr als beeindruckend! Die Oberfläche der Kalkglätte gleicht stellenweise dem Marmor, das Wasser perlt ab und läuft zum Boden. Gleichzeitig hat unser Feuchtigkeitsventilator weniger zu tun: Er springt bei einer Raumfeuchtigkeit von 50% an und läuft dann für 5 Minuten gechillt weiter. Kurze Zeit später zeigt das diffusionsoffene Supermaterial sein volles Potential: Der Raum ist plötzlich wieder trocken! Dit jefällt uns und amused uns sehr! Kalk Baby!
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Ich freue mich und hoffe auf ein Probeduschen. Gratulation an eure Geduld und Ausdauer. Volker