Holla die Waldfee, der Holunder blüht! Was man aus dem tollen Gewächs alles zaubern kann, erfahrt ihr hier…
Schwarzer Holunder, Holderbusch, Holder Holler, Flieder oder Moschuskraut (er riecht zuweilen etwas strenger) – eine Heil-, Lebensmittel- und Farbstoffpflanze, die sehr vielseitig verarbeitbar ist und aus der sich tolle Sachen zaubern lassen! Das beste daran: Weit verbreitet und fast überall auffindbar (weeste nich wo, guckste hier…).
Im Mai blühen die Hollerblüten, ab Ende Juli kommen dann die Beeren ins Spiel! Reich an Vitaminen, Antioxidantien und Mineralien, werden dem Gewächs schweißtreibende, stoffwechselanregende und antibakterielle Eigenschaften nachgesagt. Für uns ist das größte Plus aber der Geschmack: Ob als Sirup, Saft, Konfitüre, Sekt, Beilage oder Tee zubereitet, der einzigartig süßlich-aromatische Geruch und Geschmack, vermag die Laune zu erheben! Machen wir also keine Wissenschaft daraus, sondern versuchen einfach ein paar kulinarische Haute Cuisine Delikatessen zu zaubern!
Die Ideen unserer verfeinerten Rezepte entstammen allesamt mündlicher Überlieferungen unserer Vorfahren, von Großeltern, Nachbarn und Kolleginnen – kurz gesagt aus dem Internet also – und erfahren so eine Veredelung und Konservierung um sich stetig weiterzuentwickeln!
Level 0: Das Sammeln, Verarbeiten und Aufbewahren
Die Blüten werden im Mai/Juni gesammelt, wenn sie in voller Polle stehen und kurz vor dem Verblühen sind. Somit haben sich die Kelche bereits geöffnet und die zuckerliebenden Hefen konnten die Blüte infizieren (brauchen wir für den Sekt). Damit sind sie aber zeitgleich sehr attraktiv für kleine schwarze Käfer, Läuse, Spinnen und Fliegen. Diese lassen sich durch leichtes Schütteln oder Pusten entfernen. Wichtig dabei ist, dass die Pollen nicht zusehr verloren gehen, denn diese machen einen Großteil des Aromas aus und sind Trägerstoff für die liebenswerten Mikroorganismen!
Die Blüten werden dann knapp unter dem Plateau geschnitten. Sie verzweigen sich zu jeweils sechs Ausläufern und wiederum sechs Abteilungen zu den Blüten an sich. Dabei stehen sie aufrecht nach oben. Der Strauch sollte nicht mit dem roten Holunder verwechselt werden, der nie mehr als einmeterfünfzig in die Höhe wächst und keine wirklichen „Stämme“ baut. Der schwarze und essbare Holunder hat richtige verholzte Hauptriebe vom Boden ausgehend, die eine braune Rinde aufweisen und bei Bruch eine baumwollartige Polsterfüllung aufweisen. Bei Pflanzen ab zweimeter Wuchshöhe, holzfasserigem Hauptgeäst und süß-saurem Blütenduft, lässt sich also nicht viel falsch machen. Sollte man sich nach der Speisebereitung übergeben, hat man dann doch daneben gegriffen und ruht sich etwas aus (nachdem man seinen Hausarzt konsultiert hat und der einem geraten hat, sich etwas auszuruhen!).
Generell sammelt man so viel wie man tragen kann! Denn es gibt so vielfältige Verwendungsmöglichkeiten und am Frustrierendsten ist es, am Ende zu Hause zu sitzen und nicht genug gepflückt zu haben! Die gesammelten Blütenzweige transportiert man geschichtet im Korb und verarbeitet sie alsbald, ohne sie zu wässern, denn dann gingen die aromatischen Pollen verloren. Dabei arbeiten wir selbstverständlich hygienisch, sorgfältig und achtsam der Natur gegenüber.
Level 1: Blüte
Holundersekt
Heißt Sekt weil bizzelt. Kohlensäure ahoi; Alkohol – eher weniger. Schmeckt trotzdem gut und ist relativ simpel zuzubereiten. Bis zum Verzehr müssen allerdings einige Wochen vergehen. Geduld ist eine Tugend!
Zutaten
Für 6 Flaschen Demi Brut á 0,7 Liter brauchst du ungefähr 10 gelbe und nahezu verblühte Holunderblütendolden, 5 unbehandelte Zitronen, 750gr RohRohrZucker, eine Messerspitze Zimt und Wasser.
Zubereitung
In einem ausreichend großem Topf werden 1,5l Wasser erwärmt, um darin den Zucker einfacher lösen zu können. Während des Abkühlens wird der Zitronensaft und Zimt zugegeben. Sobald der Sud Zimmertemperatur erreicht, werden die Blütendolden ordentlich darin vermantscht (das Abkühlen ist wichtig, damit die wilden Hefen in den Blüten nicht sterben). Nun folgt die erste Ruhezeit in der Mittagssonne (UV-Desinfektion), von Gaze oder Sieb geschützt, damit Ameisen, Insekten oder andere Flugwesen keinen Zugang finden. Bei Eintreten der Dunkelheit wird das Experiment an einen kühlen Ort zum Verweilen verlagert (Keller eignet sich bei Feuchtigkeit und Schimmelbefall nur bedingt).
Nach 2-5 Tagen sollten sich die ersten Kohlensäure-Blässchen an den Blüten entwickeln. Das ist der Zeitpunkt um die Blüten abzuseihen, den Sud mit weiteren 2,5l Wasser zu verdünnen (die Menge bestimmt die spätere Süße/Trockenheit des Sektes) und die Flaschenabfüllung vorzubereiten. Wichtig hierbei ist immer ein sauberes und steriles Arbeiten, um den gewünschten Hefen einen Vorsprung zu verschaffen und krankhafte Keime auf ein Minimum zu reduzieren. Die sterilisierten Flaschen werden je nach Schlauchigkeit des Gefäßes bis zu 3-5cm unter die Oberkante befüllt damit Platz für die Kohlensäure bleibt und uns die Dinger nicht um die Ohren knallen. Der Verschluss erfolgt entweder durch gereinigte Schraub-, Kork-, Wachs- oder Bügelverschlüsse (abkochen alliterarisch angeraten). Jetzt musst du leider 4 Wochen warten und die Volumen erneut an einen kühlen Ort verfrachten. Hast du alles richtig gemacht, verwandeln die zuckervernarrten Hefen – in einer alkoholfreien Gärung unter Bildung von CO2, Zitronataesther, Zuckerderivation, Propionsäure-, Homoacet- und Milchsäuregärung whatsoever – das Gesöff in Sekt. Profis lagern übrigens horizontal und denken an die regelmäßige Remuage um aus dem Sekt vielleicht doch noch sowas wie Champagner zu machen :-).
Dann kann der Zaubertrank in den letzten Tagen aufgerichtet, gekühlt und selbstverständlich zur Verkostung serviert werden!
Wer sich für die Mikrobiologie hinter diesem Herstellungsprozess interessiert sollte unbedingt die Homepage des Mikrobiologen H. Bührer besuchen. Dieser lieferte nämlich die theoretischen Hintergründe für dieses Rezept und erklärt gut verständlich die biologischen Vorgänge und wie er das Ursprungsrezept von Max Oettli weiterentwickelt und optimiert hat!
Holunderblütensirup
Grundlage für wohlschmeckende Sommergetränke wie Schorle, Hugo, Sirup oder Tee und vielleicht von der Sache her auch – neben den großen Zuckeranteilen – ein wenig gesund…
Zutaten
1 Liter Trinkwasser, 1-2 Kg Zucker (Braun-, Rohr-, Kandis-, Puder-, Palm-, oder Rübenzucker für spannende Variationen gemischt). 300gr Hollerblüten (ca 30 Dolden). Aromaten wie Zitronenmelisse, Minze, Zitrone, Zimt, etc.
Zubereitung
Das Wasser im Druckkochtopf erhitzen und ab ca 50°C anfangen den Zucker einzurühren und damit eine gesättigte Lösung zu erstellen: Wir machen Läuterzucker! Es kann durchaus passieren, dass etwas mehr oder weniger Zucker gebraucht wird, aber davon lassen wir uns nicht ärgern!
Ist die Sättigungskurve erreicht, werden die Dolden und Aromen hinzugegeben, der Druckdeckel aufgebracht und alles für mindestens 5 Minuten bei Volldruck gekocht.
Danach erfolgt unmittelbar die Abfüllung in gereinigte Gefäße, vorzugsweise Twist-Off-mäßige Befüllung. So wird der Sirup für drei bis sechs Monate haltbar gemacht. Vertraue dabei auf deinen Geruchsinn!
Holunder- und Lindenblüten Erkältungstee
Für die Herbst-Winter-Regen- und Erkältungszeit was ganz Feines: Beide Wüchse tragen heiße Potentiale um deine histologischen Prozesse zu verbrennen, Schweißtrieb anzudrücken und deinen Stoffwechsel zu beschleunigen (Worte der Kräuterhexen hier im Dorfe)!
Die Zutaten sind zu gleichen Teilen Holler- und Lindenblüten. Zweite sind erst Anfang Juni mit oder ohne Flugblatt erntbar und sollten kurz nach Öffnung der Blüte und vor dem Bienensog geerntet werden. So steht der meiste Nektar mit seiner Süße und allen Potenzen bereit. Die Trocknung erfolgt unter regelmäßiger Umwälzung auf Backpapier in der Sonne, im Solardörrer oder im Backofen bei max. 50°C, und dauert in allen Fällen mindestens 8 volle Stunden. Anschließend wird das Geschrumpelte in ein trockenes Glasgefäß gefüllt und dicht verschlossen. Ein Reis-Sediment am Grund des Behältnisses schafft einen Feuchtigkeitspuffer und vermeidet die Vermehrung unschöner Pilzkulturen.
Level 2: Beere
Willkommen in der Beerenzeit! Hast du es geschafft, genügend Blüten stehen zu lassen, wirst du jetzt mit Beeren belohnt (Cheater gucken hier…).
Holunderbeerensirup
Schmeckt köstlich, erinnert an Sommer, wirkt daher seelisch wohltuend und kann partiell Wintersorgen vertreiben, sofern im Winter getrunken und nicht vorher mit Gin verdünnt im Hochsommer verbraucht. Weiteres Gesundheitspotential bleibt durch den hohen Zuckeranteil, durch die extreme Erhitzung und die lange Lagerung nahezu ausgeschlossen.
Zutaten & Zubereitung
Beeren nach der Ernte von den Dolden lesen und waschen. Anschließend in ein Baumwolltuch oder Sieb geben (Achtung! Nach der Anwendung vermutlich nur noch kompostierbar) und den Saft ausringen. So bleiben Schale und Kerne zurück. Der Saft wird anschließend gewogen und zu gleichen Teilen Läuterzucker bereitet. Sobald der Läuterzucker kocht wird der kaltgepresste Saft hinzugegeben, beides für 2 Minuten gehalten und dann heiß in sterile Glasgefäße abgefüllt, die auf den Kopf gestellt werden (Twist-Off). Die abgekühlten Volumen werden kühl und dunkel gelagert (vorzugsweise Kühlschrank).
Holunderbeerenkonfitüre bzw. Gelee
Hier ähnliches Vorgehen wie bei Sirup-Herstellung: Für Gelee wird der kaltgepresste Saft mit 3:1 Teilen Gelierzucker verkocht. In der veganen Variante mit gleichen Teilen Kristallzucker 40-minütig eingekocht, so erfolgt die Gelierung automatisch durch Reduktion( Agar-Agar oder ähnliches eignen sich wegen der Wassereinlagerung nur schlecht).
Für eine Konfitüre werden die gesamten Beeren mit Gelierzucker aufgekocht bis die Beeren platzen und den Saft abgeben. Anschließend erfolgt die Abfüllung in mit kochendem Wasser sterilisierte Glasbehälter, die anschließend im Twist-Off Verfahren auf den Kopf gestellt werden.
Highlight: Gebackener Spargel mit Holunderblütenbutter und Holder Sauce Hollaindaise
Das Highlight gibt es nur, wenn du uns auf Instagram folgst! Nein – Spaß beiseite, aber Folgen wäre trotzdem cool! Das Rezept ist nämlich von Lutz und Caro auf Instagram und hat uns wirklich umgehauen! Zur Modifikation haben wir lediglich etwas Butter mit ins Backpapier gegeben. Viel Spaß beim Nachmachen!